Wir haben mit großer Sorge die jüngsten Nachrichten über das geplante Gewerbegebiet „Garbenteich-Ost“ in Pohlheim zur Kenntnis genommen.
Im folgenden Interview in der Hessenschau vom 09.10.22
werden mehrere Konzepte geäußert, die in völligem Widerspruch zu den Situationsanalysen, Habitatansprüchen und Maßnahmenvorschlägen über die Feldlerche stehen, die die Staatliche Vogelschutzwarte, Institut für angewandte Vogelkunde, Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie veröffentlicht hat. Diese Empfehlungen sind frei verfügbar unter
Laut diesem offiziellen Dokument (Maßnahmenblatt Feldlerche Alauda arvensis, Versionsdatum: 27.11.2015) ist festzustellen:
- Die Feldlerche ist eine europäische Vogelart gemäß Artikel 1 der EU-Vogelschutzrichtlinie (VSRL). In Deutschland zählt sie zu den „besonders geschützten“ Arten im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 13 BNatSchG;
- Die Feldlerche wird in der aktuellen Roten Liste Hessens (VSW & HGON 2014) auf der Vorwarnliste geführt;
- Es ist aufgrund der weiter zunehmenden Intensivierung der Landnutzung davon auszugehen, dass die Bestände in Hessen seitdem weiter zurückgegangen sind;
- In der heutigen Kulturlandschaft ist die Feldlerche hauptsächlich auf landwirtschaftlich genutzten Flächen (Acker und Grünland) anzutreffen, welche weitgehend frei von Gehölzen und anderen Vertikalstrukturen sind;
- Für die Bestandsrückgänge der Feldlerche sind maßgeblich zwei Faktoren verantwortlich. Zum einen führt der massive Einsatz von Pestiziden insgesamt zu einem grundsätzlich bestehenden Nahrungsmangel. Zum anderen herrscht Mangel an zur Nahrungssuche optimal geeigneten Bereichen;
- Um den Abwärtstrend und Lebensraumverfall zu bremsen, neben der grundsätzlichen Prämisse, die Kulturlandschaft im Allgemeinen weniger intensiv zu nutzen, muss das Hauptziel sein, bewirtschaftungsbegleitende Maßnahmen zu finden und in Abstimmung mit den örtlichen Landwirten erfolgreich umzusetzen.
Neben anderen Maßnahmen, die in dem Dokument der Staatlichen Vogelschutzwarte ausführlich beschrieben sind, möchten wir auf folgende Schutzmaßnahmen der Feldlerche hinweisen:
- Erhalt von Brachestreifen bzw. vielfältiger Ackerrandkulturen (Brachgebieten, Ödland);
- Erhalt von Übergangshabitaten, Saumstrukturen;
- Erhalt einer artenreichen Flora;
- Erhöhung des Grenzlinienanteils, durch abwechslungsreichere Fruchtfolgen;
- Vermeidung von harten Wirtschaftsgrenzen (Forstkultur, Agrarkultur, Intensiv-Grünland);
- Nachahmung von traditionellen Bewirtschaftungsformen (ungleichzeitig, extensiv; Dreifelderwirtschaft);
- Optimierende Pflege von Grünlandhabitaten (z.B. durch Ausmagerungsphase, Beweidung);
- Anzustreben sind magere und offene Grünlandhabitate, die sowohl eine kurze und lückige Vegetation (Nahrungshabitat; mindestens 20% der Fläche) als auch deckungsreichere Bereiche (Bruthabitat) aufweisen.
Laut dem Dokument der Staatlichen Vogelschutzwarte ist festzustellen „Alle diese Maßnahmen dienen zum einen dem Erhalt vorhandener Brut- und Nahrungshabitate sowie ihrer Verbesserung, zum anderen wirken sie sich ebenso auch auf andere bedrohte Offenland-Vogelarten und weitere Begleitarten (z.B. Schmetterlinge, Reptilien, sonst. Insekten) positiv aus. Überdies fördern sie gleichermaßen das Angebot an nahrungsspendenden Vegetabilien und den Lebensraum potenzieller Beutetiere der Feldlerche (extensive Nutzung = höhere Pflanzenvielfalt = mehr Wirbellose = intaktes Ökosystem)“.
Es ist klar, dass angesichts der Empfehlungen der Staatlichen Vogelschutzwarte, nichts davon erreicht werden kann, wenn das Projekt Gewerbegebiet „Garbenteich-Ost“, wie von der Stadt Pohlheim geplant, weitergeführt werden würde. Wir hoffen, dass sich der gesunde Menschenverstand und die Liebe zur Natur und zu den nächsten Generationen durchsetzen werden.
Bildernachweis: Hajotthu, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=19123950
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